Wilde Flächen gegen Insektensterben: Projekt auf Zielgeraden

Mit Genehmigung der Lübecker Nachrichten entnommen aus Segeberg Online 17:38 27.03.2019 von Irene Burow

In Trappenkamp werden 800 Quadratmeter für Wildblumen aufgewertet. Im Land sind die 2500 Hektar fast erreicht.

Trappenkamp

Das Insektensterben ist im Klassenraum angekommen. Wie mühsam wäre es ohne die Helfer? „Niemand will mit einem Pinsel von Blüte zu Blüte zu laufen, um sie zu bestäuben“, erklärt Waldpädagogin Kerstin Schiele den Kindern der Grundschule Trappenkamp. Denn nur so wachsen neue Blumen. Nur so wachsen Äpfel. Nahrungsgrundlage und Lebensraum entstehen.

Gegen das Insektensterben haben die Viertklässler eine der letzten Flächen innerhalb des Projekts Blütenmeer 2020 hergerichtet. Im Erlebniswald Trappenkamp soll eine Wildblumenwiese entstehen. Im Rotwildgehege werden 800 Quadratmeter bunter. Dafür sind Samen von inzwischen extrem seltenen, heimischen Arten in die Erde gebracht worden. Frauenmantel, Silber-Fingerkraut oder Heide-Nelke gehören dazu, auch Hauhechel, Gemeiner Wundklee oder die Europäische Goldrute.

Samen aus der Arche Gärtnerei

„Diese seltenen Wildpflanzen sind momentan nicht im Handel zu bekommen“, sagt Christian Dolnik, Projektleiter bei der Stiftung Naturschutz. 50 Arten sind zusammengestellt worden. „Die Mischung ist auf Insekten abgestimmt“, sagt Dolnik. So blühen verschiedene Wildblumen fast das ganze Jahr über. Die ersten Blüten sollen im Juni zu sehen sein. Die Samen stammen aus der projekteigenen Arche Gärtnerei in Eggebek.

Die Samen sind so wertvoll, dass sie nicht überall eingebracht werden dürfen. Das Team von der Stiftung Naturschutz schaut sich die Flächen genau an. Denn nicht überall ist die Arbeit erfolgversprechend. „Wir sind sehr vorsichtig. Die Arten müssen auch in die Region passen“, sagt Christian Dolnik.

Wilde Wiesen in Nachbarkreisen

Wildblumenwiesen sind im Kreis Segeberg auch am Wardersee in Krems entstanden, in Hasenkrug sowie in Itzstedt im Nienwohlder Moor. Im Kreis Stormarn wird es wilder in Groß Wesenberg, Klein Wesenberg und Barnitz, im Herzogtum Lauenburg in Panten und auf großen Flächen in Breitenfelde. In Richtung Lübeck zudem in der Grönauer Heide, in Genin und an der Wakenitz.

Mit der Aussaat in Trappenkamp neigt sich das Projekt Blütenmeer 2020 der Stiftung Naturschutz langsam dem Ende entgegen. „Die geplanten 2500 Hektar haben wir im Prinzip erreicht. Wir sind auf der Zielgeraden“, sagt Jana Schmidt, Sprecherin der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein. „Das ist in etwa die Größe der nordfriesischen Insel Amrum.“

Auch wenn nur ein Zehntel, also 250 Hektar im Land, tatsächlich aufgewertet wurde: Die Vielfaltschützer erhoffen sich eine Initialzündung, dass die neu gesäten Pflanzen es allein in die Landschaft schaffen. „Das ist ein längerfristiger Prozess“, sagt Projektleiter Dolnik.

Erlebniswald will selbst Saat ernten

Das Projekt hat zum Ziel, heimischen Wildblumen wieder ein Zuhause zu geben. Es gebe umfangreiche Anleitungen, wie man Unkraut entfernt, erklärt Dolnik. „Wenn man das dann 40 Jahre lang macht, muss man sich nicht wundern, dass diese Pflanzen verschwinden.“ Inzwischen betreffe das einen Großteil der Wildblumen mit schleswig-holsteinischen Wurzeln. Die Folge ist, dass Insekten ihren Lebensraum verlieren.

Im Erlebniswald Trappenkamp will man das nicht hinnehmen. „Wir wollen aktiver werden, neuen Lebensraum schaffen, die Fläche weiter betreuen“, sagt Waldpädagogin Kerstin Schiele. Der Wunsch sei es, später selbst Saat zu ernten. „Wir wollen sie in die Schule bringen und möglichst weitere Trittsteine bauen – in der Gemeinde auch im Land.“ Die Grundschule Trappenkamp ist Kooperationspartner. Sie möchte sich als Waldschule etablieren.

Die Grundschüler können das Ergebnis ihrer aktuellen Wildblumen-Aussaat zwar erst später sehen. „Wie so oft in der Natur, muss man viel Geduld mitbringen“, erklärt ihnen Kerstin Schiele. Doch nachfolgende Klassen sollen die Wiese unterrichtsbegleitend nutzen, das Projekt fortführen – bis sich Wildbienen, Schmetterlinge, Schwebfliegen und viele andere Brummer richtig wohlfühlen.

 

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